Kolibri Heute 2024 - Flipbook - Seite 42
Es gibt viele Wege zur Heilung!
Die Kunst liegt darin, den eigenen Weg zu finden und diesen auch zu beschreiten.
Zur Heilung finden durch
„Schreiben“
„Die Leiden des jungen Werthers“ von Johann
Wolfgang von Goethe ist ein berühmtes Beispiel dafür, wie „Schreiben“ die Verletzungen
und Traumata heilen lässt. Johann Wolfgang
von Goethe hat in dieser Novelle seine Emotionen zur unglücklichen Liebe dargestellt und
seinen, im Gedanken, gewählten Ausweg des
Selbstmordes niedergeschrieben. Schreibend
konnte er nun seine Gefühle der Sehnsucht, der
Hingabe, des Wunsches nach Verschmelzung
mit der Geliebten in die Figur seines Helden hineinlegen. Der unglücklich Verliebte endet im
Roman tragisch: Er stirbt an seiner Liebe, während der Autor Johann Wolfgang von Goethe
hellsichtig versteht, dass die Liebessehnsucht
eine göttliche Inspiration ist, die reifer und weiser machen kann.
Die Gestaltpsychologie vertritt die Auffassung,
dass wenn ein Trauma erlebt wird, die Verbindung zu dem zentralen Selbst, daher zur persönlichen Identität, zeitweilig unterbrochen
wird. Dies geschieht dadurch, dass in dem
emotionalen Schockzustand ein großer Teil
der Gedanken und Gefühle unterdrückt wird.
Das Gehirn schaltet in Momenten drohender
Gefahr auf ein Notprogramm und schützt so
vor einer Überlastung.
Auch Sigmund Freud hatte darauf hingewiesen, dass der Mensch über Dinge, die er innerlich nicht abgeschlossen hat, häu昀椀ger spricht,
nachdenkt oder träumt.
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Die narrative Psychologie, ein methodischer
Ansatz der Psychologie, die sich auf die Erzähltheorie bezieht, beschreibt, in welcher
Weise Erzählungen und Geschichten genutzt
werden, um das Leben zu beschreiben, zu verstehen, zu erklären und zu verändern. Hier geht
es um die Sinngebung für jeden Einzelnen, in
Beziehungen und Gruppen.
Die Person lernt durch das Erzählen seiner Geschichte sein Leben besser zu verstehen und
durch Erzählen einer neuen, anderen Geschichte über sich selbst das Leben zu verändern.
Aufgrund neu gewonnener Lebensansichten
wird die Perspektive geändert und passt sich
seiner Lebensgeschichte an, die sich dadurch
ebenfalls anfängt zu verändern.
Schreiben verbindet den Kopf mit der Seele
und bringt Ordnung und Klarheit!
Es gibt viele Formen von “Schreiben”, wie das
expressive Schreiben, wiederholtes Schreiben,
Selbstre昀氀exion, Ziele Schreiben, freies Schreiben und viele mehr.
Expressives Schreiben, eine amerikanische
„Er昀椀ndung“ von Dr. James W. Pennebaker. Die
Wurzeln von expressiven Schreiben, gehen auf
das 10. Jahrhundert in Japan zurück, wo das
traditionelle „Tagebuchschreiben“ zum Alltag
gehörte. Diese so genannten „Pillow-Books“
zeigen bereits ein wesentliches Merkmal der
Tagebuch-Therapie, die Verbindung von persönlichen Gedanken und Gefühle mit konkreten Tagesereignissen.